336
800' hoch und 36,000 Arbeiter sollen an ihr 20 Jahre lana gebaut ha-
den. Das Labyrinrh war ein Gebäude von weißem Marmor und
enthielt H00 Gemächer über und eben so viele unter der Erde. Noch
merkwürdiger sind die Katakomben oder unterirdischen Grabgewölbe,
welche mit unglaublichem Kunst- und Kraflauiwande angelegt sind.
Außerdem findet man noch jetzt eine außerordentliche Menge von Ruinen
wunderbarer Tempel, riesenmäßiger Denkmäler und prachtvoller Paläste,
ganze Reihen von kolossalen Sphinxen (halb Jungfrau, halb Löwe, die
jährliche Ucberschwemmung des Nils bezeichnend, welche zu der Zeit
statt findet, wenn die Sonne aus dem Zeichen des Löwen in das der
Jungfrau tritt). Die Hieroglyphen, welche man an vielen Denk-
mälern findet, bestehen in Bildern von Vögeln, Schlangen, Beinen, Hän-
den, Augen, Thierköpfen, ferner in Dreiecken, Kreuzen rc. Ihre Be-
deutung hat noch nicht vollständig enträthselt werden können. Zu Mo-
ses Zeiten bediente man sich schon der bequemen Buchstabenschrift.
Die Aegyptcr verehrten die Sonne unter dem Namen Osiris und
den Mond unter dem Namen Isis. Auch hatten sie eine Menge heili-
ger Thiere, denen sie göttliche Ehre erwiesen, z. B. das Krokodil als
Sinnbild des Nils, den storchariigen Vogel Ibis, welcher die giftigen
Schlangen vertilgte, das Ichneumon oder die Pharao'sratte, ein
wieselartiges Thier, welches die Krokodileier verzehrte, Katzen rc., vor
allen aber den Apis, einen schwarzen Ochsen mit weißer Stirn, als
Sinnbild des Ackerbaues. Sein Palast war in der Königsstadt Mem-
phis. Priester bedienten ihn und reichten ihm kniebeugend die Speisen.
Sein Tod versetzte ganz Aegypten in die tiefste Trauer, die so lange
währte, bis ein neuer Apis gefunden war. In diesen, glaubten sie, wäre
die Seele des Verstorbenen hinüber gewandert. Dann war das ganze
Land voll Jubel.
Die alten Egyptcr glaubten auch an eine Unsterblichkeit der Seele;
allein sie meinten, wenn der Mensch stürbe, so führe seine Seele in
ein Thier: die Seele des Muthigen z. B. in einen Löwen, die des Un-
reinlichen in ein Schwein, des Listigen, in einen Fuchs rc. Jedoch bliebe
die Seele, so meinten sie ferner, nicht ewig in diesem neuen Leibe, son-
dern wandere immer wieder in einen andern, bis sie »ach 3000 Jahren
in ihren ersten Leib zurückkehre. Das nannten sie die See len Wande-
rung. Hierzu kam der eben so irrige Glaube, daß die Fortdauer der
Seele von der Erhaltung des Körpers abdinge. Um daher den Leich-
nam vor der Fäulniß zu bewahren, nahmen sie das Gehirn, die Einge-
weide rc. als leichtfaulende Theile heraus, salzten den übrigen Körper
ein, füllten ihn nach 40 bis 70 Tagen mit wohlriechendem Balsam an
und überzogen endlich die Haut mit dem persischen Erdharze Mum,.
woher diese einbalsamirtrn Leichname Mumien genannt werden. Viele
derselben haben sich bis auf den heutigen Tag erhalten und werden in
den Alterthumssammlungen zu Berlin, Dresden, Leipzig, Kassel, Bonn,,
Paris, London rc. vorgezeigt. Ob aber Jemand eines solchen ehren-
vollen Begräbnisses würdig sei, darüber entschied ein sogenanntes Tod-
tengericht am See Möris, dem selbst die Könige unterworfen wurden.
Fand man den Verstorbenen schuldig, so mußten ihn die Verwandten so
lange bei sich behalten, bis er Verzeihung erholten hätte oder das Un-
recht vergütet wvr. Bei ihren Gastyrcihlern stand auch zuweilen eine
Mumie zur Erinnerung an die Sterblichkeit. Das Menschenleben war
den alten Aegyptern heilig. Nicht nur der Mörder wudre bestraft, son-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
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Extrahierte Ortsnamen: Berlin Dresden Leipzig Kassel Bonn Paris London
245
lin, 16,000e., mit 3 bedeutenden Messen, Hd. 3) Kalisch, 16,00b
E., prächtiges Lustlager 1835. 4) Aamosk, und Modlin, 5000 E.,
Fst. 3) Grochow und O strolenk o, Schlachten 1831. 6) Pultsk,
Schlacht 1805. Czenstochau, 8000 E, Wallfahrtsort.
e. Vormals türkische Provinzen. Die Halbinsel »
Krimm, das übrige Süd-Rußland nebst Bessarabien.
I) Bender a. Dniestr, 12,000 E., Fst. 2) Odessa, 80,000
Fabr., Hf., Hd. 3) Cberson a. Dniepr, 30,000 E., Fst., Hf»
4) Tajanrog, 16,000 E., Fst., Kriegshf., Hd. 6) Tscherkask a»
Don, 16,000 E., Hptst. der konischen Kosaken.
Non vielen wird auch Tscherkessien am Kaukasus und die
Gegend von Astrachan am kaspischen Meere zum europ. Rußland
gerechnet.
§■ 58.
Skandinavien oder die Königreiche Schweden und Norwegen»
In alten Zeiten bestanden auf der skandinavischen Halbin-
sel verschiedene kleine Reiche, die erst nach und nach in zwei, Nor-
wegen und Schweden, zusammenschmolzen. Der Hauptgott
der Skandinavier war Odin; von ihm und seiner Gemahlin
Frigga stammen die übrigen Götter, das Geschlecht der Äsen,
z. B. der Donnergott Thor mit seinem Alles zermalmenden
Hammer u. a. Sie wohnten zusammen in silbernen Palästen
der Götterstadt Asgard. Heilige Sänger, Skalden sangen der
Götter Preis. In Walhalla wandelten die Seelen tapferer
Krieger. Zwischen 900 und 1000 kam. mit dem Christenthume
auch Gesittigung, und Europa hatte nicht länger von den Plün-
derungszügen der Normanen zu leiden. Im I. 1397 gelang
es der Königin Margaretha von Dänemark, in der Union
von Kalmar die Kronen von Dänemark, Schweden und Nor-
wegen auf ihrem Haupte zu vereinigen. Unter dem grausamen
Christian Id, der 1520 in dem Stokholmer Blutbade sich des
gefährlichen schwedischen Adels entledigen wollte, brach in Schwe-
den der offene Aufstand aus, und Gustav Wasa (Kdrfr. Ii.
Nr. 93.) wurde der Gründer eines neuen Königshauses. Zu-
gleich trat Schweden zur lutherischen Kirche über, behielt aber
die bischöfliche Verfassung bei. Mächtig wurde das Reich erst
durch Gustav Adolph, der sich mit Glück in den 30jährigen
Krieg mischte, aber am 10. Nov. 1632 bei Lützen den Heldentod
starb (Gustav-Adolph-Verein). Seine Tochter Christine trat zur
römisch-katholischen Kirche über und entsagte dem Throne. Nach
ihr bestieg denselben ein mit den Wasa's verwandtes Haus,
Pfalz-Zweibrücken. Gegen Ende des 17. Jahrh, gehörten
zum Reiche ganz Schweden, Finnland, Jngermannland, Esthland,
Tiefland, Vorpommern, Wismar, Bremen und Werden, un^
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Kalisch Bender Frigga Königin_Margaretha_von_Dänemark Kalmar Christian_Id Gustav_Wasa Gustav Gustav_Adolph Gustav Christine
433
Der mit seinen Brüdern auch die fränkischen Fürstenthümer An-
spach und Baireuth besaß. Das Volk in Brandenburg freute
sich des vielgepriesenen neuen Herrn; aber der zügellose Adel be-
zeigte sich unzufrieden und verweigerte die Huldigung. Nach
lange fruchtlos angewandter Milde schritt Friedrich zur Anwen-
dung der Gewalt, wobei eine große Kanone, wegen ihrer Schwer-
fälligkeit die faule Grete genannt, die besten Dienste leistete.
Die I V dicken Mauern der Burg Plauen , hinter de-
nen Dietri.ch von Quitzow sich vertheidigte, wurden nieder-
geworfen, wodurch endlich der Muth der Widerspenstigen brach.
— Da Friedrich inzwiscken den König Sigismund, der nun auch
zum Kaiser gewählt war, 400,000 Dukaten geborgt hatte, so
trat er ihm dagegen >415 die Mark Brandenburg nebst der
Kurwürde als erbliches Eigenthum ab (Kdrsr. kl. Nr. 30.).
§. 30.
Das alte Preußen nnä dessen Eroberung durch den deutschen
Ritterorden.
(Kdrfr. Ausg. f. d. Prov. Preußen S. 253.)
Preußen wird schon um die Zeit der Geburt Christi und
früher genannt wegen seines geschätzten Bernsteins. Aber erst,
als von Süden und Westen her in Polen und Pommern das
Christenthum sich verbreitete und man von dort aus Versuche zu
dessen Einführung in Preußen machte, wurde man mit dem Lande
und Volke näher bekannt.
In dieser Zeit bedeckten noch ungeheure Wälder, in denen
Bären, Auerochsen und Elenthiere hausten, so wie -viele See'n
und Sümpfe einen großen Theil des Landes; der übrige Theil
war gut bebaut und bevölkert. Im ganzen Lande gab es viele
den Göttern geheiligte Oerter, Haine, Bäume, Quellen. Die
Hauptgötter hießen Perkunos, Pikollos und Potrimkos
und wurden in dem heiligen Walde Romove verehrt. Hier
stand die heilige Eiche mit drei Nischen, in denen die genannten
Götzenbilder sich befanden, und von hieraus gab deckrivekri-
waito oder Oberpriester seine Befehle, die vom Volke als Aus-
sprüche der Götter heilig gehalten und befolgt wurden. Welchen
Ursprungs die alten Bewohner Preußens seien, ist ungewiß. Von
Skandinavien kamen zwei Brüder, Pruteno und Waidewut
ins Land; jener wurde Oberpriester, dieser weltlicher Regent,
jedoch im Frieden jenem Unterthan. Pruteno gab dem Volke
den Namen Prutener; zu Ende des zehnten Jahrhunderts
herßt es Pruzzen^ Prussen (von Po-russi, d. i. Nachbaren der
Russen). Beide Brüder theilten dann das Land unter Waide-
wuts zwölf Söhne, von denen die Theile des Landes ihren Na-
Dechner, Landb. r. Theil.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Quitzow Friedrich Friedrich Bernsteins
Extrahierte Ortsnamen: Brandenburg Burg_Plauen Brandenburg Christi Polen Pommern
347
§. 8-
Die Religion der Griechen.
Die alten Griechen verehrten nicht wie wir einen einzigen
Gott, sondern viele Götter und Göttinnen, bis die Apostel Jesu
auch unter ihnen die wahre Erkenntniß Gottes verbreiteten.
Die griechischen Gottheiten erscheinen als Glieder einer groß-
ßen Familie. An der Spitze derselben stand Uranus oder Him-
mel, aus dem Alles hervorging. Sein Sohn Chronos (bei den
Römern Saturn) verschlang als Sinnbild der alles verzehrenden
Zeit seine Kinder (Jahre, Monate, Wochen, Tage rc.); Zeus
(Jupiter) aber wurde durch die List seiner Mutter Rhea gerettet,
und später mußte Chronos auch die fünf verschlungenen Kinder
Pluto, Neptun, Vesta, Ceres und Juno wieder von sich
geben. Zeus stieß seinen Vater vom Throne und theilte die
Herrschaft über die Welt mit seinen Brüdern, so daß er den
Himmel (Olymp, d. i. den Sitz der Götter ) und die Erde,
Poseidon (Neptun) das Meer, und Hades (Pluto) die Unter-
welt oder das Schattenreich erhielt. Zeus wird als König mit
einer Krone abgebildet; in der linken Hand hält er ein Scepter,
in der rechten die Blitze, neben ihm steht ein Adler. Here
(Juno), die Gemahlin und Schwester des Zeus, wird als sehr
stolz, herrschsüchtig, neidisch und feindselig geschildert. Der Pfau
ist ihr Lieblingsvogel. Pallas (Minerva), die Göttin der Wis-
senschaften und Künste, sott aus dem Gehirn des Zeus entsprun-
gen sein, nach dem dieser die Mutter derselben, Metis (die
Weisheit) verschlungen hatte. Dem éter (Ceres), die Schwester
des Zeus, ward als Erfinderin des Getreidebaues verehrt. Sie
hatte einen Kranz von Kornähren auf dem Haupte, und mit
einer Fackel suchte sie ihre verstorbene Tochter Proserpina.
Ares (Mars) war derlgott des Krieges und führte Schild und
Schwert. Hermes (Merkur), der Bote der Götter, war zu-
gleich der Gott der Beredsamkeit, der Kaufleute und des Gewin-
nes, ja sogar der Diebe. Er trägt einen geflügelten Hut und
Flügelschuhe und hat einen Heroldstab in der Hand. Poseidon
(Neptun) hält den Dreizack (eineharpune) in der Hand und
läßt sich von Meerpfecden ziehen. Hephästus (Vulkan), ein
Sohn des Zeus (Feuer) und der Juno (Luft), der Gott des
Feuers und der Schmiede, wegen seiner Häßlichkeit aus dem Him-
mel geworfen und durch den Fall lahm, hatte seine Werkstatt
im Aetna auf Sicilien, und die Cyklopen, Riesen mit einem
Auge auf der Stirn, waren seine Gesellen. Dionysus (Bac-
chus) war der Gott des Weines. Aphrodite (Venus) die
Göttin der Liebe und Schönheit, soll aus dem Meeresschaume
entsprungen sein. Ihr Sohn Eros (Amo)r oder Cupido),
der Gott der Liebe, wird als ein geflügelter Knabe mit Pfeil und
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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TM Hauptwörter (200): [T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer]]
348
Bogen dargestellt und von den drei Charitinnen (Grazien)
begleitet, die jegliche Gabe der Anmuth spenden. Phöbus
(Apoll), der Vorsteher der Künste und Wissenschaften, wurde
auch als Licht- und Sonnengott, seine Schwester Artemis
(Diana), die Göttin der Jagd, als Sinnbild des Mondes ver-
ehrt. Unter dem Apoll standen die neun Musen, die Vorstehe-
rinnen der Dichtkunst, des Gesanges und der Musik. Castor
und Pollux waren die Sinnbilder des Morgen- und Abendster-
nes, und Eos (Aurora), die Morgenröthe, schloß des Morgens
dem Sonnengotte die Pforten auf.
Die Unterwelt oder der Orkus, wohin die Schatten der
Verstorbenen kamen^ wurde eingeheilt in den Tartarus, den
Sitz der Bösen, und in das Elysium, den Wohnort der Guten.
Die drei Richter der Schatten waren Minos (vorher König und
Gesetzgeber auf Kreta) und seine Brüder Rhadamanthus und
An^kus. Merkur führte die Schatten in die Unterwelt, Hier
empfing sie der Schiffer Charon, der sie über den Styx und
Acheron fuhr. Aus dem Lethe wurde Vergessenheit des vori-
gen Lebens getrunken. Den Eingang zur Unterwelt bewachte
der Höllenhund Cerböxus. In der Unterwelt hielten sich auch
die Erynnen (Furien) auf, von denen die Bösen gequält wur-
den. Besonders lebhaft schildern die Dichter den Zustand der
Frommen im Elysium und die Qualen der Bösen im Tartarus.
So mußten die Dana'iden, 50 Töchter des lybischen Königs
Danaus, welche ihre Freier umgebracht hatten, ein durchlöcher-
tes Faß mit Wasser füllen. Ixion, ein König von Thessalien,
der durch seinen Uebermuth die Götter beleidigt hatte, war mit
Schlangen auf ein Rad gefesselt, das der Sturm unaufhörlich
im Kreise umherschleuderte. Sisrphus, König von Korinth,
war für Betrug und Ungehorsam verdammt, ein Felsstück auf
einen Berg zu wälzen, von dem es immer wieder herabrollte.
Tantalus, König in Phrygien, hatte durch Verrath, Uebermuth
und Grausamkeiten die Götter beleidigt und schwebte deshalb be-
ständig in Gefahr, von einem Steine zerschmettert zu werden.
Bis an den Hals stand er im Wasser und über seinem Haupte
hingen Zweige mit Früchten. Dessen ungeachtet wurde er vom
furchtbarsten Durste und Hunger gepeinigt; denn wenn er nach
dem Wasser oder den Früchten langen wollte, so zogen sie sich
zurück. Tityus, ein furchtbarer Riese, hatte seine Kraft gemiß-
braucht. Dafür hackte ihm ein Geier die Leber aus, die immer
wieder wuchs. Pluto, der Gott der Unterwelt, sitzt mit seiner
Gemahlin Proserpina auf einem Throne von Elfenbein. Die,
drei Mören (Pareen) leiteten die Schicksale der Menschen.
Lachesis, die erste derselben, hält einen Spinnwocken, Clotho
führt den Lebenssaden weiter, und Atropos schneidet ihn ab.
Außer diesen Göttern und Göttinnen hatten die alten Grie-
chen noch viele andere, denen sie Tempel und Altäre baueten.
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349
Zu Athen fand Paulus sogar einen Altar mit der Inschrift:
„Dem unbekannten Gotte." Die Griechen dachten sich überhaupt
die ganze Natur belebt und mit höheren Wesen erfüllt. Jede
Bewegung in derselben schien ihnen die Wirkung irgend einer
Gottheit zu fein Jeder Baum hatte seine Dryade, jede Quelle
ihre Nymphe oder Najade, jeder Felsen oder Berg seine^
Oreade. Das Meer war voll von Nereiden und Trito-"
nen, und selbst das Säuseln des Schilfes wurde für die Klage
einer Syrinx gehalten.
Ihren Witten offenbarten die Götter den Menschen durch
Zeichen am Himmel und auf der Erde, vorzüglich aber durch
Qrakel, Aussprüche der Priester. Das berühmteste Orakel war
zu Delphi. Hier hatte man in alter Zeit eine Höhle entdeckt,
aus der ein betäubender Dampf aufstieg, über die Höhle einen
Tempel gebaut und ihn dem Apoll geweiht. Aus ganz Griechen-
land und selbst aus fernen Ländern strömten Leute nach Delphi,
Aufschluß über die Zukunft begehrend. Die Fragenden mußten
sich des Götterspruches erst würdig machen durch Gebete, Reini-
gungen und Opfer. Allmonatlich ertheilte Apoll nur einmal
Antwort. Dann wurden der Pciesterin, Pythia genannt, die
Fragen vorgelegt' Die Priester führten die Pythia in den Tem-
pel und setzten sie auf einen mit Lorbeerzweigen bekränzten, drei-
beinigen Sessel. Sobald die Dämpfe aus der Höhle sie durch-
drungen hatten, fiel sie in Zuckungen; wild rollten die Augen,
es sträubte sich das Haar, der Mund schäumte, und in diesem
Zustande stieß sie einzelne unzusammenhängende Laute aus, in denen
man die Offenbarung der Gottheit zu finden meinte. Die Prie-
ster brachten daraus eine Antwort zusammen auf die vorgelegten
Fragen, und eine solche Antwort nannte man, wie den Ort selbst,
ein Orakel.
Zu gewissen Zeiten wurden den Göttern zu Ehren große
Nationalspiele gehalten. Sie bestanden in Wettrennen, Wett-
fahrten, Ringen, Faustkämpfen, Springen, Werfen rc. Das
Kleinod, welches die Sieger erhielten, war zwar nur ein schlichter
Lorbeerkranz, aber bald erschollen die gefeierten Namen durch
ganz Griechenland; sie wurden in Gedichten besungen, und ihre
Bildsäulen stellte man wohl gar im Tempel auf. Unter diesen
Spielen waren diejenigen die berühmtesten, welche alle vier Jahre
zu Olympia jaus dem Peloponnes) gehalten wurden. Die
olympischen Spiele gelangten zu einem so hohen Ansehen,
daß vom Jahre 776 v. Ehr. an die Griechen hiernach ihre Zeit-
rechnung bestimmten. Die Zeit von einem Spiele zum andern,
also einen Zeitraum von vier Jahren, nannten sie eine Olym-
piade.
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350
§• 9.
Die Seidenzeit der Griechen.
Schon frühzeitig erwachte unter den Griechen ein Heldengeist
in eigenthümlicher Größe. Körperkraft und kühner Muth galten
für das höchste, und Waffen waren die köstlichsten Schätze.
Wahrend die Frauen in stiller Häuslichkeit die Wirthschaft be-
sorgten und webten, übten sich die Männer in ritterlichen Spie-
len oder durchzogen bald einzeln, bald in ganzen Schaaren das
Land, um es, von Räubern und wilden Thieren zu säu-
bern; dentt damals haufeten noch in dem Dickicht der Wälder
wilde Eber, in den sumpfigen See'n gräuliche Schlangen, und
Berg und Thal erscholl von dem Gebrüll der Löwen und Büffel.
Auch fern von der Heimath in weit entlegenen Ländern kämpften
sie und führten Menschen und Vieh im Triumphe als Sieges-
beute fort. Viele haben sich durch ihre Großthaten einen solchen
Ruhm erworben, daß man sie voll Erstaunen als Halbgötter
verehrte und ihre wunderbaren Thaten in schönen Liedern besang.
Kämpfe mit Drachen, Riesen und Ungeheuern sind in jenen Sa-
gen und Gesängen nichts Seltenes.
Zuerst unternahm Jason, ein theffalischer Fürst, in Verbin-
dung mit dem Kerne der griechischen Heldenjugend, zu der auch
der berühmte Herkules gehörte, ferner Theseus, die Brüder
Kastor und Pollux u. a., eine höchst abenteuerliche Fahrt auf
dem Schiffe Argo (etwa 1250 v. Chr.), um das goldene
Vließ oder Widderfell sein Sinnbild des Reichthums) aus (dem
wahrscheinlich goldreichen) Kolchis am schwarzen Meere zu holen.
Phryxus, ein griechischer Fürst, dessen Schwester Helle auf
jenem Widder über die Straße der Dardanellen reiten wollte,
aber unterwegs ertrank, hatte jenes Fett als Weihgeschenk dort
in dem Tempel des Mars aufgehängt. Unterwegs begeisterte
Orpheus die Helden durch Spiel und Gesang. Glücklich überwand
Jason mit Hülsender Zauberin Med ea alle Schwierigkeiten, welche
ihm deren Vater, der König Aeötes von Kolchis in den Weg
legte, und nach vielen Kämpfen und Irrfahrten wurde der Ar-
gonautenzug vollendet.
Fast eben so merkwürdig ist der Krieg, welcher um 1225
v. Chr. sieben verbündete Fürsten aus dem Poleponnes gegen
das schon mächtige Theben unternahmen, um dempolynices
gegen seinen Bruder Eteökles und dessen Bundesgenoffen bei-
zustehen. .
Vorzüglich waren die Streifzüge gegen die Küste von Klem-
asien gerichtet, weil man hier reiche Beute zu finden hoffte.
Dergleichen Räubereien galten in jener roben Zeit auch für Hel-
denthaten. In Troja oder Jlium auf der genannten Küste
herrschte um l200 v Chr. der König Priämus. Einer der
Söhne desselben, Paris, segelte einst nach Griechenland und
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T190: [Odysseus König Held Sohn Troja Vater Schiff Agamemnon Insel Theseus], T23: [Stadt König Jason Delphi Berg Meer Orakel Sohn Gebirge Land], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Jason Jason König_Aeötes_von_Kolchis
Extrahierte Ortsnamen: Kolchis Theben Troja Paris Griechenland
351
entführte dem Menelaus, König von Sparta, seine schöne
Gemahlin Helena. Um diesen Frevel zu rächen, vereinigten sich
sämmtliche Helden Griechenlands zu einem Vernichtungskriege
gegen die verhaßten Trojaner. Der mächtige Agamemnon von
Argos, Bruder des Menelaus, ward zum Oberanführer gewählt,
nachdem sich die Fürsten Achilles, Ulysses (Odysseus), Ne-
stor rc- mit ihren Heeren auf 1200 Schiffen im Hafen von
Aulis versammelt hatten. Lange Zeit harrte man aus günstigen
Wind, bis Agamemnon durch das Opfer seiner geliebten Tochter
Jphigenia die erzürnte Diana besänftigte. Die Belagerung
Troja's, das mit starken Mauern umgeben war und durch den
edlen Hektor, Paris Bruder, tapfer vertheidigt wurde, dauerte
10 Jahre. Endlich gelang es den Griechen durch die List des
schlauen Ulysses, die Stadt zu erobern. Sie stellten sich, als
zögen sie ab, verließen das Lager und eilten den Schiffen zu.
Als die Trojaner kamen, um die frühere Lagerstätte des Feindes
zu besehen, fanden sie ein großes, von Holz gezimmertes Pferd.
Von einem zurückgebliebenen, zum Scheine gefesselten Griechen
erfuhren sie, daß die Stadt, in deren Mauern es sich befinde,
nicht überwunden werden könne. Mit vieler Mühe brachten sie
das Pferd nach der Stadt und rissen sogar an einer Stelle die
Mauer ein, weil die Thore zu klein waren, damit es hindurch-
ginge. Am Abend aber überließen sie sich der Freude, aßen und
tranken beim heiteren Mahle. Doch plötzlich erscholl Kriegsgetön.
Mehrere tapfere Griechen, die in dem hölzernen Pferde verborgen
waren, stiegen heraus, die übrigen kehrten von ihren Schiffen
zurück, drangen durch die eingerissene Mauer und verheerten nun
Troja durch Feuer und Schwert (1183). Aeneas trug seinen
alten Vater auf dem Rücken aus der brennenden Stadt, ging
später nach Italien und gründete hier eine Kolonie. Homer
(1000 v. Ehr.) verewigte die Kämpfe der Helden und ihre Irr-
fahrten bei der Rückreise durch zwei Gedichte, die Jliade und
die Odyssee.
§. 10.
Die Spartaner.— Lykurg. 888.
In einer lieblichen Gegend des Poleponnes lag die große
alte Stadt Sparta, mit ihrem Gebiete auch wohl Lacedä-
mon genannt. Hier lebte ums Jahr 888 v. Ehr. Lykurg,
ein Mann von königlicher Abkunft, berühmt durch seine Weis-
heit und strenge Gerechtigkeitsliebe. Er war weit in der Welt
umher gereist, hatte die Gesetze anderer Völker geprüft und gab
nun dem Staate eine gehörige Verfassung und dadurch Festig-
keit und Dauer. Um seine Mitbürger zu einem starken, kräfti-
gen Volke heranzubilden, vertheilte er alle Ländereien gleichmä-
ßig, schaffte alle goldenen und silbernen Münzen ab und führte
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T2: [Athen Stadt Sparta Griechenland Insel Krieg Korinth Peloponnes Theben Staat], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
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Extrahierte Personennamen: Helena Achilles Jphigenia Diana
Extrahierte Ortsnamen: Sparta Argos Aulis Paris Troja Italien Sparta
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hielt sich ferner Jüngling und Jungfrau, Weib und Mann.
Das Verbrechen der Unkeuschheit und ehelichen Untreue fand
furchtbare Todesstrafe. Gute Sitten vermochten bei ihnen mehr,
als anderswo die besten Gesetze.
Freiheit und Unabhängigkeit waren der Stolz der alten
Deutschen, der Grund und Zweck des öffentlichen Lebens. Frei
war, wer Waffen führen durfte; Waffen führte, wer etwas zu
vertheidigen hatte; Wehre, Lanze und Mann war häufig gleich-
bedeutend. Aber herrenlos ist auch der^ Freieste nicht. Einige
erkannten, daß ein Mensch dem andern gleich sei und darum
nicht über Andere herrschen könne. So ließ man die Götter
Lurch den Mund der Priester regieren (Theokratie). Andere ge-
horchten Königen aus berühmten Geschlechtern (Monarchie), noch
Andere nur der Volksgemeinde, wo jeder Freie sprechen konnte,
vorzüglich aber das reifere Alter gehört wurde. Im Kriege
herrschte der Fürderste (Fürst) oder Heerzog (Herzog). Nur
die Priester, im Namen der Götter, oder die ganze Gemeinde,
nach Vortrag der Aeltesten oder Grauen (Graven, später Gra-
fen, die den einzelnen Gauen vorstanden), mochten Strafen ver-
hängen. Nach ungeschriebenen, aber altehrwürdigen Gesetzen, die
sich durch die Erfahrung bewährt hatten, wurde das Urtheil ge-
sprochen.
Nur wenig Sicheres weiß man von der Religion der alten
Deutschen. Die Verehrung des Feuers hatte die ihrige mit fast
allen Naturreligionen gemein. Allfadur (Allvater), Allcist
(Alles ist) oder Wodan (Guodan, Gutan, Gut, Gott) hieß ihr
höchstes Wesen. Im Gotte Thor versinnlichten sie Donner und
Krieg (Thorstaz — Donnerstag), in Hertha die Mutter Erde
(die sich in dem Herthasee aus Rügen badete), in Freia die
Liebe, und in Sater die Zeit. Nach ihren Lieblingsneigungen
wurde in Wallhalla, dem Aufenthalte der verstorbenen Tapfe-
ren (nach altsächsischem Glauben), täglich wacker gekämpft; all-
abendlich erstanden die Erschlagenen, heilten die Wunden, und
Sieger wie Besiegte setzten sich zum großen Trinkgelage nieder.
Darum pflegte man wohl der Leiche Waffen und Rosse auf den
Scheiterhaufen (die Todten wurden nämlich verbrannt) mitzuge-
den. Bei der Tafel tranken sie in Odins (Wodans) Gesellschaft
aus den Hirnschädeln ihrer Feinde Bier und Meth. Das wilde
Schwein Serimer lieferte alle Tage Braten, und die himmlische
Ziege Heidrun gab immerwährend Milch, welche ihnen, wie die
übrigen Getränke, von schönen Jungfrauen, Walkürien, gereicht
wurden. Uebrigens verehrten sie ihre Götter nicht in Tempeln,
sondern in der Stille heiliger Eichenhaine oder Heiden. Viel
wurde auf Weissagungen kluger Frauen (Alrunen) gehalten; die
Priester weissagten aus dem Wiehern der der Sonne geheiligten
Rosse, dem Fluge und Schreien der Vögel und aus andern zu-
fälligen Zeichen.
k
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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